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Warum uns Otto aus Böhmen die Daumen drückt

Denkt Otto Macák an Wismut Aue, wird der 71-Jährige wieder jung. Das sieht man seinem Gesicht prompt an, wenn er von seiner Zeit als Torwart in den Sechzigern erzählt. Denn der Deutsche aus Pysna im tschechischen Erzgebirge verbindet mit den Veilchen sportliche (und auch feucht-) fröhliche Erinnerungen Vor fünf Jahrzehnten arbeitete er als Techniker im Kohlekraftwerk Tusimice bei Komotau, in der Freizeit stand er beim Kumpel-Team von „Velkodul Jan Sverma” (VJS) seiner Heimatstadt Jirkov im Fußballkasten, war in der vierten tschechoslowakischen Liga am Ball. Im Sommer 1964, nach einem für Wismut Aue siegreichen Freundschaftsspiel in Karlsbad, wurde mächtig gefeiert. Am Folgetag gab es ein weiteres Testspiel zwischen dem DDR-Oberligisten aus Aue und VJS Jirkov. Jeder erwartete eine „Klatsche” für den Underdog aus Nordböhmen, doch wieder floss abends das Bier reichlich; jedenfalls gewann VJS Jirkov sensationell gegen den (weniger trinkfesten?) DDR-Erstligisten mit 3:1. Für Sommer ’67 wurde die Mannschaft nach Aue eingeladen; Freundschaftsspiele zwischen Bergleutevereinen sozialistischer Länder hatten Konjunktur. Unabhängig davon kamen sie bei Spielern und Betreuern bestens an, traf man sich doch nach dem Rasengefecht in munterer Runde beim Pivo, was schon mal bis zum Morgengrauen dauern konnte. Besonders lustig war es am 2. August jenes Jahres, als die Jirkover noch zum Mittagessen mit der ersten Wismut-Mannschaft eingeladen waren. Denn, so Macák: „Während des Essens hatte ich ein Telegramm bekommen, ich war Papa geworden. Wismut wollte nach dem Mittag ins Trainingslager fahren. Ich glaube, sie sind dann erst abends gegen 20 Uhr los, so heftig wurde gebechert.”
Sympathie und Interesse am Weg der Auer Fußballer sind geblieben. Auch, nachdem der im Prager Frühling für die Demokratie engagierte Otto 1969 nach Westdeutschland zog. Dort stand der Ingenieur bei TuS (später LR, jetzt Rot-Weiß) Ahlen zwischen den Pfosten. „Als Ahlen und der FC Erzgebirge Aue in einer Liga spielten, erinnerte ich mich an 1967. So freute ich mich sehr, als die Veilchen am 7. Mai 2016 in die 2. Bundesliga aufstiegen. Im deutschen Fernsehen habe ich die tolle Saison der Auer intensiv verfolgt”, sagt der Deutsch-Böhme, der in Westfalen nie heimisch geworden war. Vor ein paar Jahre zogen die Mácaks, inzwischen Rentner, zurück ins Erzgebirge. Sie wohnen in Stolzenhan, Pysna auf Tschechisch. Nicht weit von Jirkov, wo Otto 1945 als Kind deutschstämmiger Eltern geboren wurde und nach dem Krieg nur durch Zufall nicht vertrieben wurde. „Egal, ob du Krusné hory oder Erzgebirge sagst, ob es die tschechische oder sächsische Seite ist, es bleibt die Heimat”, steht für ihn fest. Zur Heimat gehört für Otto immer auch der Sport – als Fan des Komotauer Eishockeyklubs „Pirati” und Freund der Auer Veilchen, denen er für Liga zwei beide Daumen drückt.  Foto: Torwarthandschuhe und Fußballtöppen hat Otto Macák lange an den Nagel gehängt, heute gehört sein Herz den Komotauer Eishockeypiraten. Mit Sympathie verfolgt er zudem die positive Entwicklung auf der anderen Seite des Kamms, beim FC Erzgebirge.  Text & Foto: Olaf Seifert