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Osterfußball 1957 in Lautern und Mainz – Freundschaftstreffen über Grenzen hinweg.

Der SC Wismut weilte Ostern 1957 zu zwei Freundschaftstreffen im westlichen Teil des geteilten Deutschlands. Am 20. April 1957, am Ostersamstag, trat man auf dem Betzenberg in Kaiserslautern an. Dies war das Rückspiel für die legendäre Leipziger Auseinandersetzung (5:3 für den 1. FCK) vom Oktober 1956 vor über 100.000 Zuschauern im Zentralstadion.

Für Wismut war die Saison 1957 seit Mitte März erst in der Frühphase. Dem 1. FC Kaiserslautern hingegen war einen Spieltag vor Schluss die Meisterschaft 1956/57 in der Oberliga Südwest nicht mehr zu nehmen. In der Endrunde zur Deutschen Meisterschaft mussten sich die Pfälzer aber im Juni 1957 in der Gruppe 2 Borussia Dortmund (2:3) und Kickers Offenbach (1:4) beugen, nachdem sie das Auftaktspiel gegen Hertha BSC noch mit 14:1 gewonnen hatten. In der Oberliga Südwest war der 1. FC Kaiserslautern lange das Maß aller Dinge. In den ersten zwölf Jahren seit 1945/46 wurde der Verein zehnmal Meister und einmal Vizemeister. Allein bei sieben Meisterschaften erzielten die „Roten Teufel” mehr als 100 Tore pro Saison. Die Oberliga war nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, von 1945 bis zur Gründung der Bundesliga im Jahr 1963, die höchste Spielklasse im westdeutschen Fußball. Die Meister und teilweise auch die Vizemeister der vier westdeutschen Oberligen sowie der Berliner Stadtliga spielten ab 1948 den Deutschen Meister aus. Der 1. FC Kaiserslautern wurde in dieser Ära 1951 und 1953 Deutscher Meister sowie 1948, 1954 und 1955 Vizemeister.

Doch zurück zum Spiel 1957 gegen Aue. 15.000 Zuschauer in Kaiserslautern spendeten bei schönem österlichen Wetter ordentlich Beifall. Dieser bewies, dass die Besucher mit den Vorstellungen des 4:1 siegreichen Heimklubs 1. FCK und des tapferen, aber unterlegenen DDR-Meisters von 1956 SC Wismut sehr zufrieden waren. Ihrer Leistung zu schämen brauchten sich die Ostdeutschen keineswegs. Der in der Höhe etwas zu glatte Sieg des FCK war keine Schande, denn auf dem Betzenberg hatten schon Gegner von hohem Rang mit deutlicheren Ergebnissen verloren. Wenn man bedenkt, dass Wismut etwas unglücklich spielte, wie das fast alle Lauterer freimütig zugaben, dann versteht man den täuschenden Torunterschied besser. Übrigens erkannte Schiedsrichter Karlé aus Saarbrücken beim Stande von 4:1 einen Wismut-Treffer wegen angeblichen Foulspiels nicht an. FCK-Legende Fritz Walter, der für dieses Spiel extra seinen Urlaub unterbrochen hatte, um dabeizusein, äußerte sich danach lobend: „Die Leipziger Begegnung war dramatischer durch die wechselvolle Torfolge und sie war auch härter, wenngleich ich noch einmal ausdrücklich betonnen will, daß es damals keine Unfairnis gab. Die Höhepnkte lagen auch diesmal wieder in der ersten Halbzeit. Ich möchte hinzufügen, daß Wismut ein wenig unglücklich gespielt hat. Drei Tore war die Mannschaft niemals schlechter. Über den zweiten Wismut-Treffer, der annuliert wurde, können sich natürlich die Gelehrten streiten. Ich hätte das Tor anerkannt.” Der Meister aus dem Osten von 1956 übte eine selbst vom FCK nicht erwartete Zugkraft aus. 15.000 waren für das damalige Kaiserslautern mit seinen 90.000 Einwohnern fast ein Rekord. Zu den Punktspielen in der damaligen Oberliga Südwest kamen in der Regel nur 2.000 bis 5.000 Zuschauer auf den „Betze”.

Zwei Tage später, am Ostermontag, trat der SC Wismut beim 1. FSV Mainz 05 in dessen Bruchwegstadion an. Der Verein nahm zwar an jeder Saison von 1945/46 bis 1962/63 in der Oberliga Südwest teil, stand aber auch nur viermal (1953, 1954, 1958 und 1961) in der oberen Tabellenhälfte und musste häufig um den Klassenerhalt fürchten. Nur in der ersten halben Stunde wusste Wismut an jenem 22. April 1957 durch geschicktes Stellungsspiel und sauberes Teamwork zu gefallen. Armin Günther brachte die Gäste in der 9. Minute in Front. Danach stellten sich die Nullfünfer besser auf das Kurzpassspiel der Gäste aus Sachsen ein. Im gleichen Maße verstärkte Mainz den Druck und vergab vor der Pause die Ausgleichschance durch einen vergebenen Elfmeter von Bergner. Dieser gelang dann jedoch unmittelbar nach dem Seitenwechsel durch Lothar Buchmann. (Der spätere bekannte Fußballtrainer betreute in der Bundesliga von 1978 bis 1985 die Vereine Darmstadt 98, VfB Stuttgart, Eintracht Frankfurt, Kickers Offenbach und den Karlsruher SC. Mit Eintracht Frankfurt gewann er 1981 den DFB-Pokal.) Danach erlaubte die Wismut-Abwehr dem schussunsicheren Mainzer Angriff keinen Treffer mehr. Dafür köpfte Linksaußen Siegfried Kaiser einen halbhohen Eckball in unnachahmlicher Art zum Siegestreffer zehn Minuten vor Spielende ein. 5.000 Zuschauer sahen dieses Freundschaftsmatch in Mainz. Die Nullfünfer hatten in der Saison 1956/57 zu Hause am Bruchweg einen Zuschauerschnitt von 3.880 pro Spiel.

Sieben Wochen später kam es am Pfingstsamstag in Aue zum Rückspiel vor 8.000 Zuschauern. Überrascht zeigte sich mancher, welch starke Leistung der Tabellenzehnte der Oberliga Südwest bot. Einen 2:0-Vorsprung von Willy Tröger (7.) und Manfred Kaiser (16.) wandelten die Rheinhessen bis zur Pause in eine 3:2-Führung um. In der zweiten Hälfte war Wismut dann klar überlegen, nicht zuletzt durch das vorzügliche Spiel der Brüder Karl und Siegfried Wolf. Der Mainzer Schlussmann Schedler verhinderte eine noch höhere Niederlage seiner Mannschaft. Am Ende siegte Wismut mit 4:3.

 

Spielbericht 1957: Mainz - Wismut 

 

Text: Burg