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„Ich will immer gewinnen, aber auch aus Niederlagen wirst du lernen” - Interview mit NLZ-Leiter Carsten Müller

Die Porsche-Kumpelschmiede, das Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) des FC Erzgebirge, ist in die neue Saison gestartet. Wie es aufgestellt ist und welche Ziele erreicht werden sollen, wollte Veilchenecho-Redakteur Max Richter im Gespäch mit dessen Leiter Carsten Müller erfahren.

Welche Ziele habt ihr denn dieses Jahr gesteckt und wo soll es hingehen für die einzelnen Teams?

Carsten Müller: Unsere Ziele unterteilen sich im sportlichen Bereich hauptsächlich in folgende Bereiche. Hauptaugenmerk liegt in der individuellen Förderung unserer jungen Veilchen. Spieler zu entwickeln, die in unserem Verein den Sprung in den Profibereich schaffen, ist Schwerpunkt unserer Ausbildung. Sollten uns Talente auf unserem Ausbildungsweg vorzeitig verlassen, haben wir das Ziel eine entsprechende Ausbildungsentschädigung zu generieren, um diese dann wieder in unsere Arbeit einfließen zu lassen. Weiterhin wollen wir mit unseren Mannschaften das Leistungsniveau in der jeweiligen Liga mitbestimmen und dementsprechend sind wir froh, jetzt in die Saison starten zu können und hoffen diesen Ansprüchen dann auch gerecht werden zu können.

Was kann in der Auer Nachwuchsarbeit noch besser werden?

Da gibt es verschiedene Themenfelder, an denen aktuell bzw. bereits seit längeren arbeiten. Einige Beispiele wären, unsere „Netto“-Trainingszeit zu erhöhen, die individuellen Förderung und das Training von Positionsgruppen weiter auszubauen. Darüber hinaus möchten wir bei der Erstellung von Talentprognosen den ganzheitlichen Betrachtungswinkel ausbauen, noch mehr unterschiedliche Sichtweisen zum jeweiligen Spieler aus den Bereichen Fußball, Medizin, Pädagogik und Wissenschaft einfließen lassen.

Ein weiterer Ansatzpunkt besteht in dem Bestreben die bereits gut funktionierende Verknüpfung zwischen Profibereich und Talenten der U19, U17 und U16 auszubauen. Dies kann in einer übergreifenden Leistungsdiagnostik, einer Integration der Spieler in gemeinsamen Trainingseinheiten, oder in Testspielen als „Entwicklungsteam“ erfolgen.

Weiterhin gilt es, unsere Rahmenbedingungen weiter zu optimieren, Dazu benötigen wir die Hilfe von allen Fans, Freunden und Förderern des Vereins, denen eine nachhaltige Nachwuchsförderung genau so am Herzen liegt wie uns.

Konkrete Beispiele wären, die individuelle Unterstützung und Begleitung unsere Top- Talente, die Anschaffung von Hard- und Software, um unsere Spiel- und Trainingsanalyse optimieren zu können, oder das zu Verfügung stellen von Kleintransportern zur Absicherung unseres Fahrdienstes.

Großes Thema im Bereich der Jugendarbeit ist die aktuelle Reform, vor allem in den ganz jungen Jahrgängen. Wie wird das im Auer NLZ aufgenommen?

Ich mache mir bei den Kindern da ehrlich gesagt, eher weniger Gedanken, denn Kinder wollen sich immer untereinander messen. Ich kann mich sehr gut an meine eigene Jugend erinnern, egal, ob ich jetzt auf dem Bolzplatz mit meinen Kumpels gespielt habe, oder ich beim Training war, ich wollte immer mit meinem Team gewinnen. Weiterhin kann man auch aus Niederlagen lernen und man sollte den Kindern diese Erfahrung nicht vorenthalten. Ich glaube, man sollte eher den Blick auf die Inhalte legen, dass sich z. Bsp. die Jungs und Mädels in kleinen Gruppen und auf entsprechend angepassten Spielfeldgrößen ohne große Vorgaben austoben können, viele Ballkontakte haben und so spielerisch erste Erfahrungen im Umgang mit dem Ball sammeln können.

Das klingt durchaus positiv, was die Ansätze der neuen Reform betrifft.

Als gewählter Interessenvertreter in der Kommission Leistungszentrum habe ich von Beginn an am „Projekt Zukunft“ mitgearbeitet. Dort hat man sich im Bereich Fußballausbildung viele Gedanken gemacht, z. Bsp. intensiv mit dem Abschneiden der U-Nationalmannschaften der letzten Jahre auseinandergesetzt, die Marktwerte von „U21 Top- Talenten“ in Europa mit denen in Deutschland verglichen und dabei eine große Diskrepanz festgestellt, oder die unterschiedlichen Ausbildungsansätze verschiedener Länder miteinander abgeglichen. Daraus wurden dann Maßnahmen und Empfehlungen zur u.a. zukünftigen Nachwuchsausbildung festgelegt.

Dabei habe Ich schnell festgestellt, dass es im deutschen Fußball enorm schwierig ist, überhaupt Veränderungsprozesse anzustoßen. Zu viele Interessen prallen aufeinander. Viele Entscheidungsträger verweisen auf ausbleibende Erfolge, sind aber nicht ansatzweise bereit, Veränderungen einzuleiten bzw. mitzutragen. Dieser Umstand ist wie man bei der aktuellen Leichtathletik WM gesehen hat leider Sportart übergreifend zu beobachten.

Egal, ob im Sport, in der Schule, oder in Betrieben, der Leistungsgedanke kommt uns immer mehr abhanden. Wir sollten uns daher wieder darauf besinnen, für bestimmte Werte und Normen einzustehen und diese auch einzufordern.

Mehrere Jugendspieler haben in diesem Jahr den Sprung in das Profiteam geschafft. Ist das ein gutes Zeichen?

Wir freuen uns, dass unseren Jungs einen Platz im Profikader unseres Vereins erhalten haben. Luc, Franco und Finn haben sich diesen durch ihre gezeigten Leistungen im NLZ und durch ihre Einstellung zum Leistungssport verdient. Entscheidend ist jetzt, ob sie in der Lage sind, sich Schritt für Schritt an das Spielniveau der 3. Bundesliga heranzutasten. Es liegt an ihnen den nächsten Entwicklungsschritt zu gehen und das Trainerteam davon zu überzeugen, Einsatzzeiten zu erhalten.

Spürt man, nach dem guten Saisonstart der ersten Mannschaft, auch im NLZ den Aufwind und geht das ein wenig auch auf die Jugendspieler über?

Grundsätzlich fiebern unsere Spieler und Nachwuchstrainer immer mit unserem Profiteam. Wenn es die Möglichkeit gibt, sind unsere jungen Veilchen natürlich bei den Heimspielen im Stadion live dabei und unterstützen dabei lautstark unsere Jungs. Das war auch in schwierigen Zeiten nie anders. Diese Identifikation mit dem Verein und der ersten Mannschaft ist bei unseren Spielern und allen Mitarbeitern unseres NLZ sehr stark ausgeprägt und das ist auch gut so!